Markus Körner
Am kurzweiligsten war für mich als kleiner Sohn von Markus, wenn an dunklen Winterabenden
das Bemalen von kleinen Weihnachtsfiguren auf das Arbeitsprogramm gesetzt wurde. Diese Weihnachtsfiguren sollten ein Ensemble
auf einem Lichterkranz bilden. Die Figuren wurden auf Sperrholz aufgezeichnet, mit der Laubsäge
ausgeschnitten und dann bemalt. Natürlich war jede der individuellen Farbgebungen sehenswert. Am schönsten waren aber
die Geschichten, die mein Vater beim Bemalen zu diesen Figuren erfand und mir dann erzählte. Mein Staunen war gesichert!
Diese Arbeiten füllten viele Winterabende in der winterlichen Vorweihnachtszeit, denn über die Jahre hinweg wünschten sich viele
Familien aus der Verwandtschaft und Bekanntschaft einen solchen Schmuck für die Festtagsstube.
Wenn die Vorbereitungszeit auf das Weihnachtsfest vorbei war, wurden die Laubsäge- und Malutensilien wieder weggepackt. Nach der
Weihnachtszeit kamen die Staffelei
und die Farbenpalette wieder zu Ehren. Fast immer war ein Bild im Entstehen. Die Vorzeichnung wurde von einer Fotovorlage
übertragen. Öfter noch wurde das Motiv frei erfunden und direkt auf dem Maluntergrund vorgezeichnet. Da kam man ins Staunen,
wie schnell ein Baum, ein Haus, ein Tier auf der Leinwand zum Vorschein kamen.
Noch magischer mutete es an, wenn eine Schrifttafel oder ein Transparent zu malen waren. Die vielen Hilfslinien aus dem
Schrift-Vorlagenbuch, die Auswahl der Schriftart und der richtigen Größe waren eine Herausforderung.
Die Malarbeiten konnten nur in der Freizeit, an den Abenden und Wochenenden ausgeführt werden. Dabei darf nicht übersehen
werden, dass bis in die 60er Jahr der vorhergehenden Jahrhunderts 48 Stunden Wochenarbeitszeit in der Erwerbsarbeit die Regel waren.
Dem harmonischen Familienleben war selbstverständlich auch viel Zeit zu widmen, sowohl den weitaus schwieriger als heute zu bewältigenden
Grundfunktionen des Lebens und Wohnens als auch der Kindererziehung und den gemeinsamen Spielen und Ausflügen. Als Trost
zeigte sich später, dass es dafür Zeitfresser des heutigen Lebens wie zum Beispiel sinnarme Fernsehsendungen noch
gar nicht gab.
Das Malen gehörte für alle Familienmitglieder zum Leben dazu. Eine Argumentation zu Motiven und Zielstellungen dieser
Freizeitbeschäftigung war nie zu hören. Die Motivation schien aus dem immer erneuten Entstehen von gelungenen Bildern
zu entstehen und immer weiter zu wachsen. Selbstverständlich war ein Lob von Beschenkten oder Auftraggebern ein
willkommener Anreiz für nachfolgende Arbeiten.
Der Oktober 2008 brachte ein Treffen der Abkömmlinge der Familie von Fritz Körner. Ziemlich viele Menschen der Enkel-,
Urenkel- und Ururenkelgeneration kamen dazu im Erzgebirge zusammen. Jeder konnte von unterschiedlichen Begabungen der Söhne
von Fritz berichten. Markus hätte in diesen Tagen seinen 100. Geburtstag begehen können.
Aus diesem Anlass wurde schnell eine kleine Bilderausstellung arrangiert, die Bildreproduktionen aus den noch im
Familienbesitz befindlichen Bildern von Markus zeigte. Das war eine schöne Ehrung.